Inish, Du alter Knabe,
Du erreichst heute das gesegnete Hundealter von 14 Jahren!
Was haben wir in dieser Zeit nicht alles zusammen erlebt und erlitten,
was hat uns gefreut und Kopfzerbrechen bereitet! Als kleiner Weißwuschel,
wie Dich unser Sohn Bastian einmal bezeichnet hat, hast Du uns alle täglich
mit Deinem Charme und auch Deinem Humor bezaubert. Ja, ich weiß,
viele werden sagen, Hunde haben keinen Humor, das sei eine Vermenschlichung.
Aber wie soll man Dein spitzbübisches Verhalten, Dein manchmal feinsinniges
Lächeln und Dein übermütiges Grinsen sonst erklären?
In den ersten beiden Jahren hast mehr Du uns als wir Dich erzogen. Wir
haben von Dir gelernt, dass ein Hund nur zufrieden ist, wenn er sinnvoll
beschäftigt ist. Wir haben gelernt, dass Hundearbeit Teamarbeit ist
und nur gelingen kann, wenn man miteinander und nicht gegeneinander arbeitet.
Wir haben gemerkt, dass Weißwuschel Jagdhunde sind, für die
die Krönung der Arbeit die jagdliche Arbeit ist. So hast Du uns herausgefordert,
selbst Jäger zu werden. Du hast uns auch im Umgang mit anderen Hunden
sehr viele Facetten der Hundesprache beigebracht. Lange bevor wir aus
Turid Rugaas' Büchern theoretisch über Beschwichtigungssignale
informiert wurden, hast Du uns das "Splitting" erklärt,
in dem Du voller Souveränität immer wieder Streithähne
getrennt hast. Für all diese Lehrtätigkeit sind wir Dir dankbar!
Mit Dir zusammen war es uns möglich, viele Bereiche
der Retrieverhaltung auszuloten: Du warst nicht nur unserem Sohn, Deinem
eigentlichen Besitzer, ein hervorragender Kumpel und Tobepartner und uns
ein brauchbarer und hilfreicher Jagdgefährte, sondern Du hast uns
durch Deine Anlagen den Einstieg in verschiedene Bereiche des Prüfungswesens
ebenso ermöglicht wie die ersten Erfahrungen mit der Retrieverzucht.
Einzig eine Show-Karriere hast Du nicht gewollt. Obwohl Du bei Formwertbeurteilung
und bei diversen Ausstellungen ein vorzüglich erhalten hast, hast
Du diese Veranstaltungen so wenig geschätzt, dass Deine Ausstrahlung
selten zu einer Plazierung gereicht hat. Dafür warst Du Deiner kleinen
Gefährtin Glamis damals ein ebenso lieber Erzieher und Beschützer,
wie Du es später Glamis’ Kindern und Enkeln warst. Sogar jetzt
mit 14 erziehst Du noch zwei kleine Wilde, und Du machst das super!
In Deiner Jugend hattest Du ungewöhnlich viel Pech:
Keiner unserer Hunde hatte so oft aufgeschnittene Ballen, tiefsitzende
Schwarzdornen und Bissverletzungen durch neidische Artgenossen wie Du.
Du hast eine schwere Operation nach dem Riss der großen Kniesehne
mit langdauernder Fixierung erfolgreich hinter Dich gebracht. Du wurdest
im Alter wegen Prostata-Zysten kastriert und es musste Dir ein Backenzahn
herausoperiert werden, nachdem die Wurzel durch ein eingebissenes Plastikstück
abgestorben war. Aber krank, nein, krank warst Du nie! Selbst wenn Du
nach einer Operation wirklich armselig dalagst, hast Du Dich voll Vertrauen
von uns behandeln lassen und Dich niemals über Schmerzen beschwert.
Nach einem langen, zufriedenen Hundeleben trittst Du jetzt
langsamer. Seit einigen Jahren hörst Du schlecht (obwohl: manchmal
hörst Du sogar ein leises Klingeln des Schlüsselbunds!), Deine
Augen sind inzwischen etwas trüb, aber Deine Nase funktioniert noch
wie eh und je. Manchmal humpelst Du ein bisschen und die Muskeln Deiner
Hinterläufe sind dünn und schwach geworden. Deshalb bekommst
Du oft eine kurze Spezialspaziergehrunde. Manchmal bist Du auf der
Runde so ins „Zeitung-Lesen“ vertieft, dass Du uns aus den
Augen verlierst. Dann machst Du Dich entweder alleine auf den Heimweg
oder Du schließt Dich dem nächstbesten Menschen an, der vorbei
kommt.
Dabeisein willst Du aber immer – am allerdringendsten dann, wenn
jemand sich fertig macht zur Jagd! Und deshalb bist Du auch heute noch
bei jedem Revierbesuch dabei. Du schläfst meist lang und tief, aber
Du genießt Dein Dasein, Dein zwei- und vierbeiniges Rudel, Dein
Futter, jede Zuwendung, die Du erhältst und Du freust Dich immer
noch wie früher, wenn Du beim jagdlichen Training für die Jungen
auch einmal eine Ente oder ein Kaninchen bringen darfst – im Schneckentempo,
aber mit einem Grinsen übers ganze Gesicht!
Wir sind dankbar, dass wir Dich schon so lange haben durften. Wir hoffen,
dass es Dir noch eine Weile gut geht und dass der Abschied für Dich
und uns eines Tages leicht wird.
Inish, wir gratulieren aufs Herzlichste zum 14. Geburtstag!
Dein Rudel
Inish starb viereinhalb Monate später an den Folgen eines
Prostata-Karzinoms
|