Rudenberg, den 4. Mai 2009

Liebe Glamis,

nun tust Du es Deinem langjährigen Gefährten Inish nach und vollendest Dein 14. Lebensjahr. Für uns ist es ein großes, unerwartetes Glück, dass wir auch Dich schon so lange haben durften!

Damals, als Du gerade 2 Tage bei uns warst, hatten wir ein jagdliches Trainingswochenende, zu dem Du uns zusammen mit dem 4-jährigen Inish natürlich begleitet hast. Beim mittäglichen Picknick hat Inish, der sich noch nicht ganz an Deine Anwesenheit gewöhnt hatte und der Dich vielleicht lieber wieder zurückgebracht hätte, Deinen Futternapf gegen zwei fremde Hunde verteidigt und seit dem warst Du sein Schützling und seine Gefährtin. Außerdem hast Du an diesem Tag das winzige Unfallkaninchen, das Ursel gefunden und in froher Erwartung Deiner Ankunft für Dich eingefroren hatte, beinahe aufgefressen, mit dem Ergebnis, dass Du mit der Arbeit mit Wild noch eine ganze Weile warten musstest und dass Ursel seither für kleine Hunde nur noch großes Wild zur Verfügung stellt.

Du warst eine ungewöhnlich leichtführige Hündin mit extrem schneller Auffassungsgabe. Als Du noch nicht mal 1 ½ Jahre alt warst, hast Du – mitten während Deiner zweiten Hitze – an einem Wochenende problemlos die JEP mit Schweiß und am nächsten Wochenende während der Standhitze die BLP absolviert. Für das nachfolgende Wochenende hatte Ursel zur ersten Dummyprüfung gemeldet, und da Du ja die BLP hattest, hatte sie die DP-F gemeldet. Die erste Aufgabe war die Doppelmarkierung Land/Wasser. Da Ursel noch nie eine Dummyprüfung miterlebt hatte, stand sie – wie sie es aus der PO verstanden hatte – stocksteif da, ohne Dir zu helfen. Natürlich ranntest Du – Wassernixe, die Du immer warst – dann zweimal zum Wasser. Das war der Anlass für Ursel, sich fortan nicht nur jagdlich mit Dir zu beschäftigen, sondern auch Einblick in die Dummyarbeit zu nehmen.

Als Du ein knappes Jahr alt warst, hast Du Dich gegen nutzlose Spaziergänge entschieden. Du hast damals angefangen, während der Spaziergänge die zu der Zeit gerade abfallenden Kieferzapfen zu apportieren. Man musste sie dann mit etwas menschlichem Geruch versehen und wieder in die große Menge herumliegender Zapfen hineinwerfen. Es gab kaum etwas Schöneres für Dich, als den einen, richtigen Zapfen dort wieder herauszusuchen! Da Du also nicht ohne ein Apportel mehr laufen wolltest, bekamst Du Deinen ersten Ball und bis heute ist für Dich ein Spaziergang ohne Ball verlorene Zeit. Du hütest Deine Bälle und passt auf, dass sie nicht verloren gehen, außer wenn irgendwo ein Dummy oder gar Wild auftaucht – dann wird der Ball allerdings nicht mehr beachtet!

Als Du etwa zwei Jahre alt und ausgewachsen warst, zeigte sich, dass Du nicht nur arbeitsfreudig, sondern auch ausgesprochen hübsch warst. Ursel begann, mit Dir Ausstellungen zu besuchen und Du wurdest mit Deiner immer aufmerksamen, sicheren und extrovertierten Ausstrahlung innerhalb kurzer Zeit VDH-Champion.

Deine Gesundheitsergebnisse waren einwandfrei und so wurdest Du die Stammhündin unserer Zucht, deren Ziel genau Deine Eigenschaften waren und sind, nämlich unermüdliche Arbeitsfreude gepaart mit Freundlichkeit, Bindungsfähigkeit und Leichtführigkeit sowie bezauberndes Wesen und Aussehen. Inzwischen leben bei uns Kinder und Enkel von Dir und Du hast Deine Eigenschaften bereits an Urenkel weitergeben können.

Aber nicht nur als Stammhündin unserer Zucht hast Du unser Leben bereichert. Durch Deine Arbeitsanlagen hast Du unser Leben tiefgreifend verändert und geprägt, hast uns so vieles ermöglicht. In kürzester Zeit hast Du die üblichen jagdlichen Prüfungen bis hin zur RGP (mit lebender Ente anlässlich einer Jagd) und bis zur PnS absolviert, so dass es Ursel möglich war, Verbandsrichteranwärter zu werden. Du hast mit Begeisterung und sehr gutem Erfolg an Working-Tests teilgenommen und hast Ursel auch in dieser Hinsicht unterrichtet. Du hast sogar am ersten Field-Trial in Deutschland teilnehmen dürfen. Leider warst Du hier aus Mangel an Erfahrung zu übereifrig, so dass es nur zu einem „gerade noch bestanden“ (n.c.) gereicht hat. Trotzdem war diese Prüfung für Dich und Ursel prägend und Du hast – nachdem die Cracks zu Ende gearbeitet hatten – noch 3 Enten aus dem schon abgesuchten Suchengebiet gebracht. Deine Steadiness hatte zwar nicht für eine Platzierung gereicht, aber Deine Nase, Dein großer Finderwillen und Deine Konzentrationsfähigkeit waren und sind einfach unübertrefflich und in Hinsicht auf körperliche Härte macht Dir so schnell niemand was vor!

Zweimal bangten wir um Dein Leben – einmal, als Du mit 9 Jahren an einer Pyometra erkrankt bist, was wir erst nach einigen Tagen bemerkt haben. Gerade noch rechtzeitig kamen wir in die Klinik und Du wurdest durch eine Operation gerettet. Das zweite Mal, als Du kurz darauf im rechten Kniegelenk lahmtest und uns nach vielen, aufwendigen Untersuchungen erklärt wurde, Du habest vermutlich ein Osteosarkom, also einen aggressiven und schnell zum Tod führenden Knochenkrebs. Eine Beinamputation kam für uns nicht in Frage und so einigten wir uns auf eine mögliche, schmerzlindernde Bestrahlung. Bevor die Behandlung jedoch begonnen wurde, hörte das Lahmen auf und Du konntest wieder normal laufen. Wie waren wir froh, dass wir einer Amputation nicht zugestimmt hatten!

Jetzt bist Du zwar schon lange auf dem Altenteil, aber Deine Hilfe bei der Erziehung Deiner Enkel und bei allen anfallenden Revierarbeiten, besonders bei der Nachsuche, die Du ruhig und konzentriert angehst, ist immer noch hochgeschätzt.

Mit 14 Jahren schläfst Du jetzt oft sehr tief und lang und das Aufstehen fällt Dir manchmal etwas schwer. Du hörst nicht mehr gut, aber Dein Sehen, Deine Nase und sogar Deine Markierfähigkeit sind einwandfrei wie eh und je. Du bekommst häufig Deine eigenen, etwas kürzeren Spaziergänge, die wegen der zunehmenden Langsamkeit beim „Zeitunglesen“ etwas länger dauern, die aber immer noch mit Ballspielen ausgefüllt sein müssen. Und wenn gar ein Dummy im Spiel ist, wirkst Du wieder wie ein junger Hüpfer!

Wir sind froh, wenn es Dir gut geht und wir freuen uns, wenn wir merken, wie aufmerksam Du immer noch Deine Umgebung wahrnimmst. Du bist noch gerne mit uns in den schon vorher vertrauten Schwarzwald umgezogen und genießt die Freiheit, die das Leben Dir hier bietet.

Liebe Glamis, Du bist für uns der „Lebenshund“, wie es sicherlich nur einen gibt, und wir sind dankbar und glücklich, dass Du da bist!