Eine aufregende Erfahrung: als Teilnehmer bei der "Prüfung nach dem Schuss" in Königsbronn, Herbst 1999

Es dauerte fast eine Woche, bevor sich nach absolvierter PnS mein Adrenalinspiegel wieder soweit normalisiert hatte, dass ich gut schlafen konnte! Was war das für eine wunderbare, aufregende, ungeheuer anspruchsvolle, den Hund bis an seine physischen und den Führer (jedenfalls mich!) bis an seine psychischen Grenzen belastende Prüfung - sozusagen die ultimative Herausforderung für Jagdhunde und ihre Führer!

Die Nervenanspannung bei den Führern begann schon leise am Freitag abend beim Treffen im Suchenlokal. Die 5 Teilnehmer und 4 Richter (J. Mente als Prüfungsleiter - die PnS ist ja quasi "seine" Prüfung -, dazu Dr. A. Schwab und A. Hintz vom DRC und Dr. Petermann vom JGHV) hatten erste Gelegenheit, sich kennenzulernen. Der Papierkram wurde erledigt, so dass man am nächsten Morgen zügig ins Revier aufbrechen konnte.

Dort wurden vom Prüfungsleiter nicht nur die Richter vorgestellt, sondern es stellten sich auch die Führer mit ihren Hunden vor. Gemeldet waren Retriever mit recht unterschiedlichem Hintergrund, vier Labradors und ein (mein!) Golden. Von den Labis war einer aus reiner Field-Trial-Linie, zwei "gemischte" und ein Labi aus Showlinie, der von seinem Führer aus diesem Grund als "Exot" vorgestellt wurde. Der konnte sich wohl nicht vorstellen, wie exotisch ich mir mit meinem goldenen "Schmusehund" vorkam! Alle Hunde hatten verschiedenste Prüfungen absolviert, die RGP war quasi Mindestvoraussetzung. Der spätere Suchensieger hatte auch eine Verbandsschweißprüfung absolviert.

Die Fährten und damit Startnummern wurden verlost, wobei die Lose in einem "Survivalpäckchen" aus Schokolade, Traubenzucker und Kaugummi versteckt waren, so dass auf der Schweißfährte etwa auftretende Schwächeanfälle umgehend behoben werden konnten. Wie üblich, zog ich die letzte Startnummer, obwohl ich als erste ziehen durfte - so konnte ich dann leider vor allem bei den Wasserfächern die anderen Teilnehmer nicht beobachten.

Die Jagdhornbläser begrüßten Teilnehmer, Richter und Corona und bliesen vor dem Aufbruch auf Bitten von Jörg Mente - der es als Fährtenleger ja wissen musste - noch "Reh tot", um zu signalisieren, dass es sich um eine Totsuche handelte und eine Hetze nicht zu erwarten war! Nun galt es als erstes, eine 600-m-Übernachtfährte (Schweißmenge entsprechend Verbandsschweißprüfungsordnung) mit 3 Haken und 4 Wundbetten in einem stark bewachsenen, von zahlreichen Rehwechseln durchzogenen Fichtenforst ohne Richterbegleitung zu arbeiten. Meine Glamis zog ruhig und ganz sicher los und fand auch ohne weiteres die ersten beiden Wundbetten (in jedem lag ein markierter Pfennig, der als "Beweisstück" mitgebracht werden musste). Dann kreuzten 2 pilzsuchende Familien unseren Weg, die sich natürlich überhaupt nicht für meine Nerven interessierten und daher extrem langsam durch den Wald "suchten". Wir blieben 10 Minuten stehen und warteten, bis sie weg waren. Leider wusste ich nicht, wo genau sie hergekommen waren, so dass es eine Weile dauerte, bis ich merkte, dass Glamis offenbar auf ihre Fährte geraten war. Zum Glück fand ich nach einiger Suche trotz meiner mangelnden Pfadfinderkenntnisse zum 2. Wundbett zurück und nun ging's zügig weiter, durch Brombeerdickungen, über Wege, entlang von Rehwechseln etc. Glamis zeigte mir das 3. und 4. Wundbett (die übrigens alle sehr liebevoll mit einem Verweiserstückchen präpariert waren, das ich aber nie sehen konnte, da Glamis alle entfernt hatte, bis ich beim Wundbett angekommen war) und strebte anschließend über einen größeren Weg, wobei sie die Nase schon ein bisschen hochnahm, so dass ich dachte, sie sei gleich da. In diesem letzten Waldstück, das gerade vor kurzem erst durchforstet worden war, kam sie dann aber von der Fährte ab. Ich merkte das zwar, aber ich fand leider nicht mehr zum 4. Wundbett zurück, um sie dort erneut anzusetzen. Wir suchten daher hin und her, immer wieder über den Weg zurückgreifend, bis Glamis schließlich offensichtlich wieder auf der Fährte war, die etwa 50 m von der Stelle über den Weg verlief, an der sie das erste Mal raus gekommen war. Sie fand das "Stück" - eine frische Rehdecke mit Kopf und Läufen - nun auf Anhieb. Inzwischen waren über 1 1/2 Stunden vergangen, was man Glamis' Konzentrationsfähigkeit deutlich anmerkte. Dass ich selbst natürlich nervlich am Ende war, muss ich wohl nicht dazusagen. Die Arbeit wurde trotz der 4 gefundenen Pirschzeichen wegen der langen Dauer nur mit "gut" bewertet. Der spätere Suchensieger, der ja bereits eine Verbandsschweissprüfung absolviert hatte, beurteilte die bei dieser PnS zu arbeitenden Fährten als erheblich schwieriger als die VSwP.

Leider kamen von den 5 gestarteten Gespannen zwei nicht zum Stück, so dass sie die Prüfung nicht mehr bestehen konnten. Sie durften (und sollten!) aber weiterhin mitmachen. Das war auch gut so, denn gerade das Gespann mit dem Field-Trial-Labi zeigte im weiteren Verlauf der Prüfung noch ganz hervorragende Leistungen. Vielleicht ist dieser Hund nur ein bisschen zu schnell für seine Nase, jedenfalls berichtete der Führer bei der späteren Abschlussbesprechung, dass sein Hund beim ersten Anlauf kein einziges Wundbett gefunden hatte; erst als er noch einmal am Anschuss angesetzt wurde, arbeitete er etwas langsamer, hatte aber da schon zuviel Konzentrationsfähigkeit verloren, um noch zum Ende zu kommen.

Nach dem von Frau Mente sehr liebevoll in der gemütlich eingeheizten Jagdhütte offerierten Imbiss (mit selbstgebackenem Hefezopf!) schlossen sich die Schleppe und die Verlorensuche an. Bei diesen beiden Fächern denkt man sich ja nichts Böses, aber die Schleppe verlief 500 m über hohen, rauhen Bewuchs (sehr viele Brombeeren) bergab und der ausgelegte 3-kg-Hase musste dann über die lange Distanz bergauf apportiert werden. Ich habe Glamis noch nie so außer Puste erlebt wie nach dieser Arbeit und so konnte ich ihr nicht wirklich böse sein, dass sie den Hasen 3 m vor mir ablegte und erst auf einen "Hinweis" meinerseits vollends in die Hand brachte - sie konnte einfach nicht mehr und erhielt wegen des "Schönheitsfehlers" ein "gut".

Auch die Verlorensuche war von entsprechender Schwierigkeit. Der Hase war diesmal 80 m vom Ansatzpunkt entfernt ausgelegt worden, und zwar einige Stunden vor Beginn der Arbeit und von der Rückseite des Geländes, also ohne dass "Werferfährten" als Orientierung dienen konnten (in Anlehnung an die Btr-Prüfung). Diese Arbeit fand an einem sehr steilen, dicht bewachsenen und mit Totholz übersäten Hang statt. Dummerweise erinnerte ich mich, dass in genau hier in unserem Suchengelände letztes Jahr ein Hund bei dieser Arbeit durchgefallen war, was mich natürlich auch nicht gerade beruhigte! Glamis suchte schnell, weit, recht systematisch und engagiert, aber sie kam einmal wieder bei mir vorbei und wurde von mir zum Weitersuchen "aufgemuntert", wie ich dachte. Nun fand sie den Hasen, den sie jedoch auf dem Rückweg einmal ablegte, um zu verschnaufen. Sie nahm den Hasen zwar selbständig wieder auf und brachte ihn dann ordentlich, aber entsprechend der sehr strengen Bewertungen erhielt sie wegen der Aufmunterung und wegen des Ablegens auch hier nur ein "gut".

Trotz gemütlichen gemeinsamen Abends will ich mich an die folgende Nacht nicht mehr gerne erinnern! Ich glaube nicht, dass ich überhaupt geschlafen habe! Glamis dafür um so besser!

Am Sonntag folgten mit den "Vogelfächern" die körperlich weniger anspruchsvollen Übungen - zunächst an einem See, in dem in ca. 40 m Entfernung eine Insel mit dicht bewachsenem Ufer liegt. Dort wurden mit dem Boot zwei Enten ausgeworfen, die der Hund holen sollte. Glamis hatte ein Problem beim ersten Schicken, sie wollte immer am Ufer entlang suchen und ließ sich erst beim dritten Ansetzen hinüberschicken. Drüben suchte und fand sie schnell die erste Ente. Beim zweiten Mal schwamm sie sofort hinüber, suchte dann aber sehr weit in die falsche Richtung am Ufer entlang. Ich pfiff sie daher ab und zeigte ihr, dass sie in die andere Richtung suchen sollte, weshalb sie nun meinte, sie würde eingewiesen und im weiteren Verlauf immer mal zu mir rüberschaute und "fragte", wo sie denn nun hinsollte. Dieses "Fragen" wurde ihr hier wie auch schon bei der Verlorensuche hart angekreidet, und da sie auch am Anfang nicht gleich rübergeschwommen war, bekam sie nur ein "befriedigend".

Beim nachfolgenden Einweisen über ein Gewässer (die sehr ruhig fließende, nur ca. 10 m breite Brenz) auf eine Schleppspur fing meine Hündin zwar prima an, schwamm rüber, fand sofort den am Ufer markierten Anschuss, aber dort lag ja keine Ente! Das kannte sie nicht. Sie schaute mich also wieder an und statt mich umzudrehen und ihr zu signalisieren, dass sie alleine zurechtkommen müsse, sagte ich: voran! Die exakte Arbeit auf der Schleppe, das schnelle Bringen, das Nicht-Ablenken-Lassen durch einen Schuss und eine direkt neben den zurückkehrenden Hund ins Wasser geworfene Ente konnten auch hier die volle Punktzahl nicht mehr retten - ihr Fragen und mein Antworten ergaben ein "gut".

Das letzte Fach war "Einweisen und Markieren im Feld, mit Überprüfung der "Steadiness". Alle 5 Gespanne standen (Hunde saßen unangeleint) in einer Linie parallel zu einem Hang. Nach oben verlängerte er sich in ein 70 m breites, um diese Jahreszeit leuchtend gelb blühendes Senffeld, darüber eine steile Böschung, dahinter ca. 30 m Wiese, die nach oben hin durch eine Hecke gegen den Wald abgeschlossen war. Hinter der Hecke befanden sich ein Schütze und ein Werfer, die nach einem Schuss eine Ente auf die Wiese vor der Hecke warfen. Danach wurde angegeben, welcher Hund arbeiten sollte. Dieser sollte nun zunächst um 180 Grad gedreht werden und hügelab über einen 30 m breiten, abgeernteten Ackerstreifen, dann über ein 80 m breites, frisch gepflügtes Feld auf ein am unteren Ende zwischen den Schollen liegendes Blind (unsichtbar ausgelegtes Stück) eingewiesen werden. Auch hier hatten wir unser übliches Pech: Glamis hatte die Markierung nämlich nicht gesehen, da sie den Knall "markiert" hatte und der kam als Echo nicht von vorne, sondern von der Seite. Und da wir ja die ganze Prüfung über die letzten gewesen waren, kamen wir hier zur Abwechslung mal zuerst dran, so dass sie sich auch nicht - wie nachher die anderen - an ihren Vorgängern orientieren konnte. Zum Glück ließ sie sich gut einweisen, auch auf das markierte Stück und geriet trotz der weiten Entfernungen auch nicht kurzzeitig außer Kontrolle. Da sie jedoch nicht markiert hatte, bekam sie insgesamt ein "befriedigend".

Der Prüfungsabschluss mit Zensurenvergabe in der Jagdhütte krönte ein für Hunde und Führer volles, erlebnisreiches, befriedigendes aber auch erschöpfendes Wochenende. Es stellte sich heraus, dass der "Showlabi" (Dina vom Erlenteich mit Karl-Heinz Dunker), der aber von einem Förster als voller Jagdgebrauchshund geführt wird und im ständigen jagdlichen Einsatz steht, Suchensieger mit 95 von 100 möglichen Punkten geworden war! Glamis wurde mit 66 Punkten zweite, dritte war mit 63 Punkten "After Eight aus Lühlsbusch" (genannt Edda oder Feger!) mit Marianne Wahlheim. Nicht bestehen konnten "Buttermead Crusader" mit Dr. Robert Kaserer aus Österreich (das Gespann mit der höchsten Punktzahl außer im Schweiß!) und "Halkins Albert" mit Doris Zeller. Dem Suchensieger winkte dieses Mal erstmalig ein CAC des DRC und alle Teilnehmer erhielten neben Zeugnis und Urkunde zur Erinnerung ein Schweizer Taschenmesser!

Die Prüfung nach dem Schuss in Königsbronn ist nun schon eine feste Einrichtung geworden. Das von Jörg Mente zur Verfügung gestellte Revier ist hervorragend geeignet und um die Prüfungszeit mit seiner herbstlichen Färbung wunderschön. Die Organisation ist ausgezeichnet und hat sich schon über Jahre bewährt - die ganze Familie Mente (inzwischen schon in der 3. Generation!) ist daran beteiligt und vermittelt den Teilnehmern das Gefühl, herzlich willkommen zu sein. Es ist überaus lehrreich und erstaunlich, welche Einsichten man als Hundeführer während dieser Prüfung über seinen Hund, über sich selbst und über seine Art der Hundeführung erhält. Ich kann die PnS daher jedem RGP-Absolventen als "Krönung" seiner jagdlichen Prüfungslaufbahn nur wärmstens empfehlen!

Ursel mit Glamis

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Letzte Änderung: 20.03.2002
Roland Friedrich